Sprungziele
Inhalt

7. Sitzung des Kreistages

des Landkreises Schwandorf, Wahlperiode 2014 / 2020
Montag, 27. Juli 2015, 14 Uhr, Sitzungssaal des Landratsamtes Schwandorf

Tagesordnungspunkt 3 - Vollzug des BayÖPNVG; Erhalt der Schienenanbindung von Burglengenfeld zum Bahnhof Maxhütte-Haidhof

Der Vorsitzende Landrat Ebeling verweist zum Sachverhalt. Er verweist auf die Vorberatung in der Sitzung des Ausschusses für Kreisentwicklung, Umweltschutz und Touristik am 22. Juni 2015. Anschließend bittet er Herrn Ministerialrat Schell die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Schienenpersonennahverkehrs zu erläutern.

Herr Ministerialrat Schell, Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr, berichtet, die Schieneninfrastruktur genieße seitens des Gesetzgebers sehr hohen Schutz. Die aktuelle Diskussion um den Streckenabschnitt Burglengenfeld – Maxhütte-Haidhof sei entstanden, nachdem die Deutsche Bahn ein Streckenstilllegungsverfahren aufgrund fehlender Rentabilität eingeleitet habe.

Die Reaktivierung von Bahnstrecken für den Personennahverkehr sei erklärtes Ziel der Bayerischen Staatsregierung und auch im Landesentwicklungsprogramm festgehalten. Allerdings komme eine Reaktivierung nur dort in Frage, wo es auch Sinn mache. Aus diesem Grund seien vor einigen Jahren bestimmte Kriterien für derartige Vorhaben festgelegt worden, die bayernweit bindend und nicht verhandelbar seien.

Vor einer Prüfung der Kriterien müssten zunächst von den betroffenen Kommunen eindeutige Gremienbeschlüsse für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) vorliegen. Aktuell habe bislang nur die Stadt Teublitz einen solchen Beschluss gefasst.

Erstes und wohl am schwierigsten zu erfüllendes Kriterium sei die Prognose von mindestens 1.000 Fahrgästen/Werktag auf dem zu reaktivierenden Streckenabschnitt. Selbst wenn für den angedachten SPNV sinnvollerweise durchgebundene Züge bis Regensburg eingerichtet würden, müsse die Zahl von 1.000 Fahrgästen ausschließlich auf der Strecke Burglengenfeld – Maxhütte-Haidhof erreicht werden. Der weitere Streckenabschnitt von Maxhütte-Haidhof bis Regensburg bliebe für die Prognose unberücksichtigt. Diese „1.000“-Grenze sei auf eine Vorgabe des Bundes zurückzuführen, der nur dann den Einsatz von Fördermitteln auf diesen Schienennahverkehrsstrecken erlaube. Die Prognose werde üblicherweise durch die Bayerische Eisenbahngesellschaft kostenlos erstellt.

Das zweite Kriterium setze voraus, dass die Infrastruktur von einem Dritten ohne Beitrag des Freistaates in einen funktionstüchtigen Zustand versetzt werde, der den Qualitätsansprüchen für den Personennahverkehr gerecht werde. Diese Aufgabe könne von unterschiedlichen Seiten wahrgenommen werden, z. B. dem Eisenbahninfrastrukturunternehmen, Zweckverbänden aus der Region usw. Eine Förderung durch den Freistaat Bayern sei mangels Zuständigkeit für die Infrastruktur nicht möglich. Der Freistaat Bayern sei lediglich für die Bestellung des Schienenpersonennahverkehrs, also den Betrieb, verantwortlich.

Drittes zu beachtendes Kriterium sei die Gestaltung des Fahrpreises. Dieser dürfe den Preis der Deutschen Bahn für vergleichbare Strecken nicht übersteigen.

Das vierte Kriterium ziele auf die Anbindung und Abstimmung mit dem bestehenden ÖPNV ab. Der ÖPNV-Aufgabenträger müsse sich verpflichten, ein mit dem Freistaat abgestimmtes Buskonzept im Bereich der Reaktivierungsstrecke umzusetzen. Damit solle eine unnötige Konkurrenz zwischen Bus und Bahn verhindert, aber auch die Auslastung und Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs erhöht werden.

Erst wenn diese vier Kriterien erfüllt seien, prüfe das Ministerium die Bestellung für einen SPNV. Als letzte Hürde müssten dann noch ausreichende Haushaltsmittel des Freistaates zur Verfügung stehen. Ein Rechtsanspruch auf die Bestellung des SPNV selbst nach Erfüllung der vier Kriterien bestehe nicht.

Abschließend äußert Herr Schell, unter Berücksichtigung der räumlichen Nähe zum Ballungsraum Regensburg könnte eine entsprechende Nachfrage durchaus unterstellt werden. Allerdings würden die beiden Bahnhöfe Burglengenfeld und Maxhütte-Haidhof von der Erschließung her nicht besonders günstig liegen. Auch die im nächsten Jahrzehnt zu erwartende Elektrifizierung der Strecke Regensburg – Hof müsse in die Überlegungen einbezogen werden. Ein isolierter Dieselbetrieb auf der Strecke Burglengenfeld – Maxhütte-Haidhof und ggf. bis Regensburg sei kaum sinnvoll.

KR Sommer, Bündnis 90/Die Grünen, bedankt sich für die Behandlung des Antrags seiner Fraktion und bei Herrn Schell für die ausführliche Information.

Er hofft, dass trotz der zahlreichen Hürden für die Bestellung eines SPNV das Projekt nicht aufgegeben werde.

KRin Thanheiser, SPD, betont, die SPD-Kreistagsfraktion begrüße das Vorhaben ausdrücklich. Vor allem für den Ballungsraum Regensburg und das regelmäßige Verkehrschaos während des Berufsverkehrs könnte dieses Projekt zu einer deutlichen Entlastung führen. Gleichzeitig gibt sie zu bedenken, dass nach der Prognoseberechnung in einem weiteren Schritt die Kosten und Finanzierungsmöglichkeiten in einer Machbarkeitsstudie erörtert werden müssten.

KR Flierl, CSU, erklärt, die CSU-Kreistagsfraktion sei gerne bereit, diesen Prozess zu unterstützen und den Beschluss mitzutragen. Es sei besonders wichtig, den Verkehrsträger Schiene zu stärken, sofern die Voraussetzungen erfüllt seien. Schließlich handle es sich dabei auch um einen bedeutenden Standortfaktor für das Städtedreieck.

KR Hanisch, FWG, spricht die Elektrifizierung der Strecke Regensburg – Hof an. Er fragt, welche technischen Schwierigkeiten bei einer Dieselanbindung gesehen würden und welche Mehrkosten entstehen könnten.

Herr Schell äußert, es sei weniger die Technik, die Probleme bereiten würde. Vielmehr sei es die Kostensituation, die beachtet werden müsste. Der Preis je
Kilometer sei auf einer elektrifizierten Strecke deutlich günstiger als bei Dieselverkehr. Nach der Elektrifizierung der Strecke Regensburg – Hof wären rund um den Großraum Regensburg alle Strecken elektrifiziert und ein einheitliches Netz vorhanden. Die Kosten für eine isolierte Dieselstrecke seien dadurch ungleich höher. Daher wäre es unter Umständen günstiger, auch diese wenigen Kilometer ebenfalls zu elektrifizieren. Derartige Überlegungen kämen aber erst im Falle einer Realisierung der Strecke zum Tragen. Herr Schell betont, er habe lediglich aus Gründen der Fairness bereits jetzt darauf hinweisen wollen.

KR Damm Alfred, ÖDP, begrüßt ebenfalls die Bemühungen für eine Reaktivierung des SPNV auf dieser Strecke, sieht jedoch auch die hohen Hürden. Er weist auf die beabsichtigte Klärschlammtrocknung im Müllkraftwerk Schwandorf und die anschließende Verbringung zur Verbrennung im Zementwerk Burglengenfeld hin. Er fragt nach, ob der Transport auf der Schiene erfolgen könnte und dadurch positive Auswirkungen auf das Vorhaben zu erwarten seien.

Herr Schell antwortet, grundsätzlich wirke sich eine Zunahme des Güterverkehrs positiv auf den Betreiber der Infrastruktur aus. Allerdings würden im Güterverkehr in der Regel keine langfristigen Verträge vereinbart, während im Personenverkehr Verträge mit einer Laufzeit von 12 bis 15 Jahren üblich seien. Dadurch biete der SPNV eine deutlich bessere Ausgangsbasis für Investitionen.

Der Vorsitzende Landrat Ebeling fügt an, der Transport des getrockneten Klärschlamms auf der Schiene sei technisch sicherlich möglich. In wie weit dies wirtschaftlich sinnvoll sei, müssten Fachleute beurteilen.

KR Damm Alfred bittet um eine Überprüfung, da der Transport auf der Schiene auch zu einer Reduzierung des LKW-Verkehrs führen würde.

Der Vorsitzende sagt dies zu.

KR Krebs, SPD, bittet um nähere Angaben welche Methoden für die Erhebung der Prognose verwendet würden. Es müsste auch das große Einzugsgebiet des Städtedreiecks aus dem Raum Schmidmühlen berücksichtigt werden.

Herr Schell teilt mit, es würden statistische Daten einfließen. Daneben würden auch räumliche Beziehungen, Schulverkehr usw. eine Rolle spielen. Ob Befragungen durchgeführt würden, könne er nicht beantworten. Die Prognose werde in Zusammenarbeit mit dem Landratsamt auf Plausibilität geprüft werden. Wichtig sei es, für die Beurteilung relevante Daten wie Entwicklung von neuen Siedlungsgebieten, geplante größere Industrieansiedlungen, Angaben zum Einzugsbereich usw. in die Erhebungen einzuspeisen. Hier seien vor allem die Kommunen gefordert.

Der Vorsitzende Landrat Ebeling weist auf den vorliegenden Beschlussvorschlag hin. Ein gleichlautender einstimmiger Beschluss sei vom Stadtrat Teublitz bereits am 16.07.2015 gefasst worden. Die Unterlagen würden den Städten Burglengenfeld und Maxhütte-Haidhof ebenfalls vorliegen. Auch mit dem Ministerium sei der Beschlussvorschlag abgestimmt.

Der Kreistag beschließt:

Der Landkreis Schwandorf hat großes Interesse an einer Wiederaufnahme des SPNV auf der Strecke von Maxhütte-Haidhof nach Burglengenfeld. Gemeinsam mit den Städten Teublitz, Maxhütte-Haidhof und Burglengenfeld soll dazu ein schlüssiges Konzept entwickelt werden. In einem ersten Schritt soll die BEG im Rahmen einer Prognoseberechnung ermitteln, ob eine Nachfrage von mehr als 1.000 Reisenden pro Werktag zu erwarten ist. Der Landrat wird beauftragt, die entsprechenden Gespräche mit der BEG und den Kommunen zu führen.