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Was ist sexueller Missbrauch?

Kinder tragen niemals die Verantwortung für einen sexuellen Übergriff
Kinder lernen im Lauf ihrer Entwicklung die Welt kennen. Sie beobachten, fragen, probieren, „begreifen“ mit unerschöpflicher Energie und Fantasie. Um leben und wachsen zu können, brauchen sie die Unterstützung der Erwachsenen, sie brauchen Liebe, Geborgenheit, Zärtlichkeit, Hilfe, Schutz und Sicherheit. Darauf sind Mädchen und Jungen angewiesen und darauf vertrauen sie.

Missbraucht ein Erwachsener ein Kind sexuell, so benutzt er die Liebe, die Abhängigkeit oder das Vertrauen für seine sexuellen Bedürfnisse – und setzt sein Bedürfnis nach Unterwerfung, Macht oder Nähe mit Gewalt durch. Er gefährdet die Lebens- und Entwicklungsgrundlage und schädigt die Seele des Kindes.Für viele Mädchen und Jungen gehört der sexuelle Missbrauch zum Lebensalltag. Sexueller Missbrauch kommt so häufig vor, dass man davon ausgehen kann, in jeder Kindergartengruppe, in jeder Schulklasse, in jeder Nachbarschaft oder Verwandtschaft Kinder zu finden, die missbraucht werden. Opfer sexueller Gewalt sind überwiegend Mädchen, aber auch Jungen werden sexuell missbraucht. Nicht selten sind schon sehr kleine Mädchen und Jungen betroffen, denn auch Säuglinge und Kleinkinder werden sexuell ausgebeutet. Mädchen und Jungen werden gezwungen, lüsterne Blicke und Redensarten zu ertragen, Zungenküsse zu geben, sich nackt zu zeigen, sich berühren zu lassen, den Missbraucher nackt zu sehen und ihn anzufassen, Pornographie anzusehen, bei Pornoaufnahmen mitzumachen, den Erwachsenen mit der Hand oder dem Mund zu befriedigen. Mädchen und Jungen werden vergewaltigt, anal, oral oder vaginal mit Fingern, Gegenständen oder dem Penis.

Dies sind nur einige Beispiele. Darüber hinaus werden Mädchen und Jungen zu allen vorstellbaren – und manchmal auch unvorstellbaren Praktiken gezwungen.Der überwiegende Teil der Täter sind Männer. Manchmal wird Mädchen und Jungen auch durch Frauen sexuelle Gewalt zugefügt. Die Täter sind meist Personen, die das Kind kennt, denen es vertraut, wie etwa ein Freund der Familie, der Kollege des Vaters, der Nachbar, der Vater der besten Freundin, der Erzieher, der Lehrer, der Pastor, der Kinderarzt, der Jugendgruppenleiter, der Sporttrainer, der Babysitter usw.Ein weiterer Teil der Täter kommt aus der Familie: Der Stiefvater oder Partner der Mutter, der Opa, der Onkel, der ältere Bruder.

Sexueller Missbrauch durch Fremde ist im Verhältnis eher selten. Wir haben oft den Eindruck, dass die meisten Fälle von sexueller Gewalt solche durch Fremde sind, weil darüber in aller Ausführlichkeit in den Zeitungen berichtet wird. In der Realität aber ist das Risiko höher, dass die Mädchen und Jungen im Verwandten- und Freundeskreis sexuell ausgebeutet werden.

Man sieht es keinem Menschen an,  ob er Kinder missbraucht. Oft ist der Täter ein Mann mit tadellosem Ruf und gilt als guter Ehemann und Vater. Vielleicht ist er religiös oder politisch aktiv, beruflich erfolgreich oder er engagiert sich besonders für Kinder, ein Mann, dem niemand zutrauen würde, dass er sich an Mädchen  und/oder Jungen vergreift. Viele Leute vermuten, der sexuelle Missbrauch sei für den Täter ein „einmaliger Ausrutscher“. Aber der Täter handelt in den seltensten Fällen spontan. Vielmehr plant und organisiert er ganz bewusst Gelegenheiten, um sich Mädchen und Jungen zu nähern. Manche Missbraucher suchen sich eigens einen erzieherischen Beruf oder eine entsprechende Freizeitbeschäftigung, um an ihre Opfer zu kommen. Dabei missbrauchen sie meist nicht nur ein Kind, sondern mehrere, entweder gleichzeitig oder in Folge.

Der sexuelle Missbrauch kann über lange Zeit andauern, besonders wenn er in der Familie stattfindet. Manche Mädchen und Jungen werden über viele Jahre hinweg missbraucht, wobei sich meist der Grad der Gewalttätigkeit und die Intensität der sexuellen Übergriffe steigert.

Fast alle Täter missbrauchen immer wieder Mädchen und Jungen, so als wären sie süchtig danach. Gleich welche Ausreden sie auch immer finden, sie sind voll verantwortlich für ihr Tun.

Symptome und Reaktionen bei sexuellem Missbrauch

Körperliche und psychosomatische Symptome: Striemenartige Verletzungen an den Oberschenkeln und Armen, Wundmale, Bissspuren, Hämatome an Bauch, Po, Brust, Schenkeln, Armen Rötungen, Wundsein, Entzündungen, Risse, Blutungen an Mund, Lippen, Anus im Genitalbereich Ausfluss aus der Vagina, Geschlechtskrankheiten, Pilzinfektionen, Schwangerschaft, Häufiges Klagen über Bauchschmerzen, Verstopfung oder Durchfall, Halsentzündungen, Heiserkeit, Husten, Würgen, Erbrechen, Schluckbeschwerden, Hauterkrankungen, Allergien, Lähmungen, Verspannungen, Ohnmachtsanfälle, Kreislaufschwächen, Migräne, Kopfschmerzen, Hormonstörungen, Magerucht, Esssucht, Bulimie, Schlafstörungen, Albträume, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Bettnässen, Einkoten, autoaggressives Verhalten wie Ritzen, Nägel beißen, Kopf gegen die Wand schlagen, Asthma

Emotionale Reaktionen bei sexuellem Missbrauch

Zwanghaftes Verhalten (exzessives Baden und Waschen, Grübeln, Ängste vor bestimmten Personen, Orten oder Zimmern, Baden und Waschen, Angst im Dunkeln, vor bestimmter Kleidung, vor fließendem Wasser, Milch, Joghurt und Badeschaum, Angst vor Fotoapparaten und Angst allein nach Hause zu gehen
Übermäßiges Interesse an den eigenen Geschlechtsteilen oder denen von anderen Kindern oder Erwachsenen, altersunangemessenes Interesse an Sexualität, sexualisiertes Verhalten, regressives Verhalten = Rückfall in frühere Entwicklungsstufen, aggressives Verhalten, Absonderung, Einzelgängertum, Schule schwänzen, viel bessere oder viel schlechtere Schulleistungen, überangepasstes Verhalten, ambivalente Gefühle Erwachsenen gegenüber, Scham, Schuldgefühle, Wut, Depressione, Angst, beschmutzt oder beschädigt zu sein, Suchtverhalten, Unruhe, Unsicherheit, Todesangst, Selbstmordgedanken, Anst, dass die Familie zerbricht

Mit dem Kind sprechen

Mit einem kleineren Kind über den Unterschied von "gute" und "schlechte/unangenehme" Berührungen sprechen, Geheimhaltungsdruck nehmen, Langsam und bedächtig vorgehen, Sicherheit und Festigkeit vermitteln, da das Kind einen ansonsten verschont. Wenn Sie den Eindruck haben, dass das Kind bereit ist, fragen Sie es ganz direkt, ob es von jemandem angefasst wurde oder jemanden anfassen sollte. Vermitteln Sie auch, dass es sogar vorkommen kann, dass Berührungen zum Teil angenehme waren, oder sehr verwirrend. Glauben Sie dem Kind. Nehmen Sie Schuldgefühle, machen Sie nie Vorwürfe. Loben Sie das Kind, dass es den Mut hat, darüber zu reden. Sagen Sie dem Kind, dass die Handlungen Unrecht waren. Erkundigen Sie sich nach den Drohungen des Täters. Besprechen Sie, wie der Schutz aussehen kann. Lassen Sie sich nicht ins Geheimnis einbinden. Versprechen Sie aber, ds Kind über alle nötigen Schritte zu informieren. Die Angst des Kindes vor Konsequenzen für den Täter muss angesprochen werden. Dabei müssen die Konsequenzen klar benannt werden. Akzeptieren Sie, wenn das Kind ambivalente Gefühle gegenüber dem Täter hat. Respektieren Sie, wenn das Kind nicht unentwegt über den Missbrauch reden möchte. Holen Sie sich professionelle Unterstützung.